Wer braucht die Verlängerung?
SC Victoria III – SCS II 4:5 (1:3)
Ein schönes Pokalspektakel boten am Dienstag „Vicky“ und „Sterni“ in der dritten Runde des Holsten-Pokals. Die Blau-Gelben hatten in den vorangegangenen Runden mit Teutonia 05 II und HTB II auf torreiche Weise zwei Kreisligisten eliminiert, Sternschanze hatte die Zweitvertretungen des Buxtehuder SV und von HNT hinter sich gelassen.
Der Klassenunterschied lud vor der Partie zumindest vorsichtig dazu ein, die Rolle des Favoriten an die Gäste zu vergeben. Im Spiel selbst zeigte Sternschanze dann allerdings auch, dass man dieser Rolle von Beginn an gerecht werden wollte. Sterni überzeugte in der ersten Phase der Partie vor allem durch schnelles, schnörkelloses Spiel nach vorne, wobei sich Jens Rebkes Versetzung von der Innenverteidigung ins Mittelfeld, wo er mit Jolle Skarka ein starkes Zentrum schuf, wohl als guter Griff erwies. Vicky war in den ersten 20 Minuten in erster Linie damit beschäftigt, den Ball vom Tor fern- und im Mittelfeld zu halten, was auch weitgehend gelang. Die spielerische Überlegenheit (vor allem die Lufthoheit) brachte den Blau-Roten allerdings recht wenig ein. Schlimmer noch – und man hätte fast die Uhr danach stellen können – fiel wie aus dem Nichts die Führung für die Gastgeber. Einer der bis dahin wenigen Angriffe – über rechts ausgetragen – ließ Sternis Abwehrzentrum schlecht aussehen. Die Flanke landete perfekt auf dem völlig vergessenen Vicky-Stürmer Haesler, dessen sehenswerte Direktabnahme aus ca. 16 Metern unhaltbar im langen Winkel einschlug. Sternschanze agierte im Anschluss leicht verunsichert und etwas fahrig und ließ den Gastgebern nun mehr Raum. Gleich der zweite Angriff von halbrechts hätte hier gut und gerne das 2:0 durch Ashitey bedeuten können, aber Schuhmacher konnte den Schuss aus kurzer Distanz noch an den Pfosten lenken.
Trotzdem waren es die Gastgeber, die das zweite Tor erzielten – nur eben auf der falschen Seite. Einen der stets gefährlichen, auf die 5er-Linie geschlagenen Standards konnte man zunächst nicht entschärfen und köpfte ihn dann im letzten Versuch zur Überraschung von Vicky Torwart ins eigene Gehäuse. Und das Glück der Tüchtigen blieb der Zickelbein/Sandhop-Elf erhalten. Ob es nun ein Kunstschuss (also von Absicht geleitet) oder ein Sonntagsschuss (also von Hoffnung umweht) war: Rebkes Bogenlampe streichelte – um es mal poetisch auszudrücken – den düsteren Himmel und senkte sich zur Verblüffung nicht weniger aus steilstem Winkel unter der Latte ins Tor zur Führung für den SC. Es kam sogar noch schlimmer für Vicky. Noch vor der Halbzeit besorgte Skarka als „vom Ball Untrennbarer“ aus kurzer Distanz die 3:1-Führung, mit der es schließlich auch in die Pause ging.
Nach der Pause griff zunächst einmal eine für Sternschanze nicht ganz untypische Gemütlichkeit um sich, durch die sich die Mannschaft schon häufiger um die Früchte ihrer Arbeit gebracht hat. Man kann nicht unbedingt sagen, dass der Druck der Gastgeber zunahm. Eher ließ Sternschanze zu, dass ein ums andere Mal deren abschlussstarke Stürmer bedient und in Szene gesetzt wurden. In der Entstehung fast eine Kopie des 1:0 war das Anschlusstor der Blau-Gelben: Flanke (diesmal von links), schöner Schuss von Ashitey aus dem Zentrum, Tor.
Ab diesem Zeitpunkt war es endgültig vorbei mit der bis dahin vorhandenen Spielkontrolle. Stattdessen konzentrierten sich beide Teams fast ausschließlich auf ihre Offensivkräfte und verpassten ihren Abwehrketten entsprechend großkalibrige Löcher. Mehr einem slapstickartigen Missgeschick verdankte Vicky zunächst den Ausgleich. Rebke versprang der Ball bei der Abwehr im 16er, Vicky war hellwach und staubte ab (Ashitey).
Nur wenige Minuten später war Sternschanze wieder an der Reihe in diesem wahnwitzigen Wettschießen. Diesmal in Form von Peter Ballon, der den Ball nach feiner Kombination im letzten Viertel zur erneuten Führung zum 3:4 einschob. Die Gäste blieben in der Folge am Drücker, scheiterten verschiedentlich im Abschluss, aber setzten alles daran, das Spiel endlich in sichere Bahnen zu lenken. Dabei war es Jolle Skarka, der – vielgeübte Lieblingsdisziplin – einen nicht ganz platzierten, aber strammen Freistoß aus geschätzten 25 Metern zum 3:5 versenkte. Aber – wie man in Abwandlung einer bekannten Fußballweisheit sagen kann – wer vorne die Tore macht, kann trotzdem hinten welche reinbekommen. Sternschanze präsentierte sich in der zweiten Halbzeit weiterhin viel zu anfällig, ließ Vicky zu viel Platz und lud auf diese Weise zu simpel und erfolgreich vorgetragenen Angriffen ein. Ein langer Ball, ein Doppelpass, einige Schritte Van der Zwaags später: und es stand einige Minuten vor Schluss nur noch 4:5.
Die letzten Minuten agierte Sterni nun immerhin einigermaßen sicher und um Spielkontrolle bemüht. Die allerletzte Aktion in der 94. Minute gehörte allerdings den bis zuletzt ackernden Gastgebern. Wieder war man an der Innenverteidigung der Gäste vorbeigekommen und in Person des notorischen Ashitey allein vor Schuhmacher aufgetaucht. Der letzte Schuss des Tages sollte dann die Torstatistik allerdings nicht mehr schmücken, um es mal so zu sagen. Oder auch zusammenfassend: was für ein schlimmer, herrlicher Wahnsinn.
So spielte der SCS: Schuhmacher – Gleich – Lütje – Menschner (Matthies) – Trost – Parvenov (P. Kroll) – Rebke (C) – Skarka – Ballon – Guimaraes Silva (Böhme) – Muratovic.
Tore: 1:0 Haesler, 1:1 Eigentor, 1:2 Rebke, 1:3 Skarka, 2:3 Ashitey, 3:3 Ashitey 3:4 Skarka, 3:5 Ballon, 4:5 Van der Zwaag.
Zuschauer: 40